Bei einem Konzert von Grasset4 „geschieht schon im Verlauf der ersten Songs, was aus einem Konzert ein gutes Konzert macht: Die Musik spricht mit einem, dringt ins Innerste vor, verbindet die Zuhörenden mit den Musizierenden. Wobei der tragenden und vielgestalten Stimme der Leadsängerin, bei der sich manche an Sheryl Crow erinnert fühlen, die wichtigste Rolle zukommt: Sie ist das Instrument, das unter die Haut geht.“ Grasset4’s „Mischung aus Blues, Folk, Bluegrass und einer kräftigen Prise Country steckt voller Fröhlichkeit und Zuversicht“ und „erfüllt den Raum mit jener unwiderstehlich gelassenen Atmosphäre, die man sich für das Ende einer mühsamen Woche wünscht. Es sind vor allem zwei musikalische Merkmale, die mit ihren hellen Tönen diesen Charakter prägen: die singende Fiddle und die unaufdringlich-heiteren Harmoniestimmen schaffen das eine davon, Adiaha Bürkmiller das andere, weil sie ihr Banjo so fein dosiert einsetzt, dass sein Klang zwar präsent ist, aber fern von jener Aufdringlichkeit, die manche diesem Instrument unterstellen. Wer den Klassiker des Wilden Westens so gekonnt zupft wie die Bandleaderin, bringt eben auch die inneren Werte zum Klingen.“ Grasset 4 trifft mit seiner Musik „eine Auswahl, die das Publikum in ein belebendes Wechselbad von Melodien eintauchen lässt. Da sind typische Balladen wie "Keep your heart young" dabei, genauso wie Musik, die einen in Gedanken auf dem Floß den Mississippi hinabtreiben lassen wie "Catfish John", in die Prärie hinaustragen wie der Dixie-Chicks-Song "Cowboy take me away" oder die heiligen Hallen der Country Music neu definieren wie Maren Morris' "My Church". Viel über das Können und den Esprit von Grasset 4 sagen jene Variationen, die den klassischen Folk- und Bluegrass-Horizont weit ausdehnen. Zum Beispiel die highway-tauglich groovige Umsetzung des Common-Linnets-Ohrwurms "Calm after the storm" oder die sehr poetische, von der Ballade in leidenschaftlichen Rock sich wandelnde Interpretation von "Me and Bobby McGee". Nicht zuletzt die pfiffige und muntere Interpretation von "When I'm 64" ist ein Meisterstück, das die Beatles-Nummer in ein Musterexemplar von britisch-amerikanischem Geplänkel verwandeln.“
Ulrich Pfaffenberger, Süddeutsche Zeitung, 16. November 2021